Der Preußisch-Österreichische Krieg
Mit dem Sieg Preußens gegen Österreich im Jahre 1866 fällt die Entscheidung im Kampf der beiden Großmächte um die Vorherrschaft in Deutschland. Österreich muss der Auflösung des Deutschen Bundes sowie der Annexion mehrerer deutscher Staaten durch Preußen zustimmen. Außerdem verlieren die Österreicher Venetien an Italien. Der Weg für die Umgestaltung Deutschlands ohne Österreich ist damit frei.
Hintergrund
Der Dualismus zwischen Preußen und Österreich eskalierte in der Frage um die Verwaltung der Herzogtümer Schleswig und Holstein. Nach dem zweiten Deutsch-Dänischen Krieg hatte Dänemark die Herzogtümer an Preußen und Österreich abtreten müssen. In der Gasteiner Konvention verständigten sich Österreich und Preußen 1865 darauf, dass künftig Holstein von Österreich und Schleswig von Preußen verwaltet werden sollte. Ziel Otto von Bismarcks blieb jedoch die Einverleibung beider Herzogtümer durch Preußen.
Kriegsausbruch
Im Streit um die Herzogtümer ruft Österreich am 1. Juni 1866 die Vermittlung des Deutschen Bundestags an. Daraufhin rücken preußische Truppen am 9. Juni unter Bruch der Gasteiner Konvention in Holstein ein. Am 11. Juni beantragt Österreich beim Bundestag die Mobilisierung von Armeekorps "zum Schutz der inneren Sicherheit Deutschlands und der bedrohten Rechte der Bundesglieder". Der Antrag wird mit 9 zu 6 Stimmen angenommen, wobei sich alle größeren Bundesstaaten auf die Seite Österreichs stellen.
Kriegsverlauf
Der Deutsche Krieg findet in drei verschiedenen Regionen statt, in Böhmen, am Main und in Italien. Unter Generalstabschef Helmuth von Moltke rückt die preußische Armee in Böhmen ein, wo es am 3. Juli zur Entscheidungsschlacht bei Königgrätz kommt. Sofort nach Kriegsausbruch fallen preußische Truppen auch in Hannover, Kurhessen und Sachsen ein. Am 29. Juni kapituliert die Armee des Königreichs Hannover. In den folgenden Wochen besiegen die Preußen die süddeutschen Staaten, besetzen Frankfurt am Main, Würzburg und Nürnberg. Im Krieg gegen Italien bleibt Österreich siegreich, muss jedoch infolge der Niederlage bei Königgrätz Venetien räumen.
Ergebnisse
Am 26. Juli wird der preußisch-österreichische Vorfriede von Nikolsburg unterzeichnet, dessen Bestimmungen am 23. August durch den Frieden von Prag im Wesentlichen bestätigt werden. Bei der Formulierung der Verträge kommt es zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen König Wilhelm I. und seinem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Um eine spätere Wiederannäherung der verfeindeten Staaten zu ermöglichen, setzt Bismarck gegen den Willen des Königs durch, dass Sachsen und Österreich ohne Gebietsabtretungen erhalten bleiben. Dafür stimmt Österreich der Auflösung des Deutschen Bundes und den preußischen Annexionen in Norddeutschland zu. Die Friedensschlüsse zwischen Preußen und den süddeutschen Staaten beschränken sich überwiegend auf finanzielle Entschädigungen und Grenzkorrekturen zu Gunsten Preußens. Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt am Main und Schleswig-Holstein hingegen werden Preußen einverleibt. Die Voraussetzungen für eine Neugestaltung Deutschlands unter preußischer Fßhrung, aber ohne Mitwirkung Österreichs sind geschaffen.
Österreicher verlieren die Schlacht bei Königgrätz
Bei Königgrätz in Ostböhmen findet zwischen Preußen und Österreich am 3.07.1866 die Entscheidungsschlacht im Deutschen Krieg statt. Die preußischen Truppen unter Generalstabschef Helmuth von Moltke schlagen die Österreicher und die mit ihnen verbündeten Sachsen vernichtend. Damit ist der preußisch-österreichische Machtkampf um die Vorrangstellung in Mitteleuropa zu Gunsten Preußens entschieden.
Die Entscheidungsschlacht
Die österreichische Nordarmee und das 21000 Mann zählende sächsische Korps befinden sich vor Beginn der Schlacht in einer Gesamtstärke von rund 215000 Mann auf den Höhen von Chlum und Lipa. Nachdem sie zwischen dem 26. und dem 29. Juni mehrere Gefechte gegen die Preußen verloren hatten, konnten sich die Truppen in diese strategisch günstige Verteidigungsstellung zurückziehen. Der österreichische Oberbefehlshaber, Feldzeugmeister Ludwig August Ritter von Benedek, wollte den Rückzug fortsetzen, musste sich aber auf Befehl von Kaiser Franz Joseph I. zur Schlacht stellen. Die 221000 Mann starke preußische Streitmacht rückte unter Generalstabschef Moltke in Gewaltmärschen von den Sudeten heran. Auf Drängen König Wilhelms I. greift Moltke sofort an, obwohl er zunächst nur die l. Armee unter Prinz Friedrich Karl und die Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld zur Verfägung hat. Die 2. Armee des preußischen Kronprinzen und späteren Kaisers Friedrich (III.) steht zu diesem Zeitpunkt noch 22 km entfernt bei Königinhof. Um 7.30 Uhr beginnt der verlustreiche preußische Angriff, den die österreicher bis Mittag zum Stehen bringen. Die Wende zu Gunsten Preußens tritt gegen 14 Uhr ein, als Kronprinz Friedrich Wilhelm mit der 2. Armee einen Üœberraschungsangriff gegen die rechte Flanke der Österreicher führt. Als daraufhin Benedeks Schlüsselstellung bei Chlum erstürmt wird, bricht der Widerstand der österreichisch-sächsischen Truppen zusammen. Die geschlagene Armee flieht in Richtung Olmütz.
Waffentechnik entscheidet
Der Ausgang der Schlacht bei Königgrätz ist maßgeblich auf die überlegene Kriegstechnik der Preußen zurückzuführen. Mit dem Zündnadelgewehr verfügt die preußische Armee über eine moderne Handfeuerwaffe, die sich bereits 1864 im Krieg gegen Dänemark bewährt hat. Das krasse Missverhältnis bei den Gefallenen zeigt deutlich die verheerenden Auswirkungen dieses neuartigen Gewehrs: Österreicher und Sachsen beklagen 5658 Tote, während auf preußischer Seite 1920 Männer fallen.
Preußischer Vormarsch
Nach dem Sieg bei Königgrätz lehnt der preußische König Wilhelm I. ein Friedensangebot von Kaiser Franz Joseph I. ab. Am 8. Juli besetzen die Preußen Prag, am 12. Brünn, am 13. erreichen sie die Thaya. Die österreichischen Truppen werden bei Wien zusammengezogen. Das Oberkommando erhält der bisher nur für die Südarmee verantwortliche Erzherzog Albrecht. Am 17. Juli verlegt Wilhelm I. sein Hauptquartier nach Schloss Nikolsburg in Mähren. Die hier stattfindenden Verhandlungen mit den österreichern führen am 21. Juli zu einer vorläufigen Waffenruhe. Auf Anraten des preußischen Ministerpräsidenten und Außenministers Otto von Bismarck stimmt Wilhelm I. der Unterzeichnung des Vorfriedens von Nikolsburg zu, der am 26. Juli den Deutschen Krieg beendet. Der endgültige Friedensschluss erfolgt am 23. August in Prag und bestätigt die wesentlichen Bestimmungen des Vorfriedens von Nikolsburg. Österreich überträgt seine Rechte an Schleswig-Holstein auf Preußen und zahlt eine Kriegsentschädigung in Höhe von 20 Mio. Talern. Der Deutsche Bund wird aufgelöst.
"Alles gewährt, was Preußen zu fordern hat"

Otto von Bismarck
Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck empfiehlt König Wilhelm I. am 24. Juli 1866 in einem Immediatbericht aus Nikolsburg, auf weitere militärische Operationen zu verzichten, da die Ergebnisse des Deutschen Kriegs die preußischen Ziele weit übertroffen hätten und bei einer Fortführung des Kriegs mit dem Eingreifen Frankreichs gerechnet werden müsse: "Es scheint mir von der größten Wichtigkeit, daß der gegenwärtige günstige Augenblick nicht versäumt werde. Durch die von Eurer Königlichen Majestät ausgesprochene Annahme en bloc der Vorschläge Seiner Majestät des Kaisers der Franzosen ist die von der letzten Seite her drohende Gefahr einer Parteinahme Frankreichs gegen Preußen ... beseitigt worden. Es ist ... gelungen, vom Kaiser Napoleon darüber hinaus noch die bestimmte Zusicherung ... zu erlangen, daß er die direkte Annexion einer Bevölkerung von vier Millionen in Norddeutschland nicht nur geschehen lassen, sondern selbst empfehlen werde, ohne daß dabei von Kompensationen für Frankreich eine Erwähnung geschieht. Das Schwanken des Kaisers in den letzten Wochen und der Druck der öffentlichen Meinung in Frankreich lassen aber nur zu sehr befürchten, daß, wenn die augenblicklichen Zugeständnisse nicht in Tatsachen verwandelt werden, ein neuer Umschwung stattfinden könnte. Auf eine Unterstützung weiter gehender oder auch nur dieser preußischen Forderungen seitens der anderen Großmächte läßt sich nicht rechnen. Eure Königliche Majestät haben aus dem Briefe Seiner Majestät des Kaisers von Rußland ersehen, mit welcher Besorgnis Höchstderselbe den Bedingungen Preußens entgegensieht ... In England fängt die öffentliche Meinung an, sich den Waffenerfolgen eurer Königlichen Majestät zuzuwenden; von der Regierung aber läßt sich ein Gleiches nicht sagen und nur annehmen, daß sie vollendete Tatsachen anerkennen werde. Von Österreich ist durch die doppelte Erklärung, daß es aus dem Deutschen Bunde austrete und eine Rekonstruktion desselben ohne seine Teilnahme und unter Preußens Führung zulassen und daß es alles anerkennen werde, was Eure Königliche Majestät in Norddeutschland zu tun für gut befinden werden, alles wesentliche gewährt, was Preußen von ihm zu fordern hat ... Der Ausschluß Österreichs aus dem Bunde, in der Verbindung mit der Annexion von Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Oberhessen und Nassau und mit einem solchen Verhältnis Sachsens zu Preußen, darf als ein Ziel angesehen werden, so groß, wie es bei Ausbruch des Krieges niemals gesteckt werden konnte. Wenn dieses Ziel durch einen raschen Abschluß von Präliminarien auf dieser Basis gesichert werden kann, so würde es nach meinem alleruntertänigsten Dafürhalten ein politischer Fehler sein, durch den Versuch, einige Quadratmeilen mehr ... oder wenige Millionen mehr von Kriegskosten von Österreich zu gewinnen, das ganze Resultat wieder in Frage zu stellen und es den ungewissen Chancen einer verlängerten Kriegführung oder einer Unterhandlung, bei welcher fremde Einmischung sich nicht mehr ausschließen lassen würde, auszusetzen."
"Kaiser erkennt die Auflösung des Bundes an"
Der Prager Friede, den Preußen und Österreich am 23. August 1866 unterzeichnen, beendet den Deutschen Krieg. Der Vertrag sieht unter anderem die Auflösung des Deutschen Bundes vor:
"Art. IV. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes an und giebt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Beteiligung des Oesterreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Seine Majestät, das engere Bundes-Verhältnis anzuerkennen, welches Seine Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt Sich damit einverstanden, dass die südlich von dieser Linie gelegenen Deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt ...
Art. V. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich überträgt auf Seine Majestät den König von Preußen alle Seine im Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 erworbenen Rechte auf die Herzogthümer Holstein und Schleswig mit der Maßgabe, dass die Bevölkerung der nördlichen Distrikte von Schleswig, wenn sie durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen geben, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark abgetreten werden sollen.
Art. VI. Auf den Wunsch Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich erklärt Seine Majestät der König von Preußen Sich bereit, bei den bevorstehenden Veränderungen in Deutschland den gegenwärtigen Territorialbestand des Königreichs Sachsen in seinem bisherigen Umfange bestehen zu lassen, indem Er Sich dagegen vorbehält, den Beitrag Sachsens zu den Kriegskosten und die künftige Stellung des Königreichs Sachsen innerhalb des Norddeutschen Bundes durch einen mit Seiner Majestät dem Könige von Sachsen abzuschließenden besonderen Friedensvertrag näher zu regeln ..."
"Art. XI. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich verpflichtet Sich, Behufs Deckung eines Theils der für Preußen aus dem Krieg erwachsenen Kosten, an Seine Majestät den König von Preußen die Summe von Vierzig Millionen Preußischer Thaler zu zahlen. Von dieser Summe soll jedoch der Betrag der Kriegskosten, welche Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, laut Artikel XII. des gedachten Wiener Friedens vom 30. Oktober 1864, noch an die Herzogthümer Schleswig und Holstein zu fordern hat, mit fünfzehn Millionen Preußischer Thaler und als Aequivalent der freien Verpflegung, welche die Preußische Armee bis zum Friedensschlüsse in den von ihr occupierten Oesterreichischen Landestheilen haben wird, mit fünf Millionen Preußischer Thaler in Abzug gebracht werden ..."
Moltke führt die Preuen zum Sieg

Helmuth von Moltke
Helmuth von Moltke, seit 1857 Chef des Generalstabs der preußischen Armee, hat durch seine Strategiekonzepte wesentlichen Anteil am Sieg der Preußen im Deutschen Krieg 1866. Als seine größte militärische Leistung gilt die Einleitung des Krieges durch den Einmarsch von drei getrennten Kolonnen in Böhmen. Nach dem Grundsatz "Getrennt marschieren, vereint schlagen" können die Österreicher in kurzer Zeit besiegt werden.
Moltke wurde 1800 in Parchim als Sohn eines dänischen Generals geboren. 1819 wurde er dänischer Offizier, 1822 trat er in preußische Dienste. Nach seiner Beförderung zum Hauptmann ging er 1835 in den Orient, wurde unter dem osmanischen Sultan Muhammad II. Militärinstrukteur und Sachverständiger für das Festungsbauwesen und nahm an den türkischen Feldzügen gegen die Kurden (1838) und gegen die Ägypter in Syrien (1839) teil. Nach seiner Rückkehr 1840 stieg er rasch im preußischen Generalstab auf. 1848 wurde er Chef des Generalstabs in Magdeburg, 1855 erster Adjutant des späteren Kaisers Friedrich III. und 1857 schließlich Chef des Generalstabs der preußischen Armee.
|